Geht man dieser Tage in den Supermarkt oder in ein Lebensmittelgeschäft einkaufen, dann könnte einem leicht schwindlig werden. Irgendwie kommt mir vor, dass nahezu wöchentlich alles teurer wird und ich ertappe mich immer öfter bei der Frage, bei der mich zugegebermassen manchmal leichte bis mittelschwere Panik beschleicht: wie lange werde ich mir mein Essen noch leisten können?
Dass mit Kultur nicht die grosse Kohle zu verdienen ist, ist hinlänglich bekannt. Das weiss man auch, wenn man sich darauf einlässt und pflegt ohnedies schon profilaktisch einen vergleichsweise bescheideneren Lebensstil. Aber beim Essen ist bei mir Schluss mit lustig.
Mittlerweile ist diese Teuerungskatastrophe auch bei der Politik angekommen, aber anstatt das Problem ernsthaft zu lösen wird eine Luxusdebatte um Langusten, Krebse und Wachteleier losgetreten. Wer braucht schon Wachteleier? Und was ist überhaupt Luxus in diesem Zusammenhang? Was nützt es mir im übrigen, wenn das Mineralwasser dann statt 65 Cent nur mehr 60 kostet, wenn ich laut Expertenmeinung täglich drei Liter davon trinken soll? Fast 30 Schilling am Tag, allein fürs Wasser. Aber Umrechnen, so sagt die Volksmeinung, umrechnen soll man ja sowieso nicht mehr. Doch, und da bin ich nicht die Einzige, ich rechne immer öfter um und dabei wird eines klar wie Klossbrühe: Ganz normales Essen, nicht Wachteleier oder Kaviar ist heutzutage Luxus oder anders ausgedrückt: Essen kaufen können wird zunehmend zur Überlebensfrage.
Warum aber ist das Essen bei uns so teuer, wo es doch in anderen Ländern mit Sicherheit auch sowas gibt wie Inflation? Und, was mich am meisten ärgert, die Lebensmittel sind dabei längst nicht mehr das, was sie einmal waren. Schlechtere Qualität um immer mehr Geld? Billa, sagt der Hausverstand.
Zynisch betrachtet ist das Ganze leicht erklärt:
Nehmen wir zum Beispiel ein Kilo handelsüblicher Tomaten. Warum die auf einmal so teuer sind, leuchtet ein, wenn man sich die Herstellung vor Augen führt. Wie viel technisches Know How, intensive jahrelange Forschung und wie viel chemischer Aufwand müssen notwendig sein, um Tomaten zu züchten, die zwar wie Tomaten ausschauen aber weder danach schmecken noch danach riechen! All das kostet Unmengen Geld, ist eigentlich logisch. Oder italienischer Weichkäse: der muss ja gleich zweimal produziert werden. Eine Verdoppelung der Produktionskosten quasi und wie teuer müssen erst die Lagerkosten sein, bis der Käse so vergammelt, verschimmelt und verfault ist bis er neuerlich aufbereitet werden kann. Leuchtet ebenfalls ein oder? Und erst die Produktion von Brot: unschwer vorzustellen dass die Entwicklungskosten und der Technologietransfer von der Papierindustrie in das Bäckereiwesen Unsummen verschlingen, bis es erstmals endlich gelingt ein Baguette zu erzeugen, das schmeckt wie Pappmasche...
Ist Ihnen auch schon ganz schlecht oder haben sie eine andere Erklärung? Und falls Sie sich auch hinten und vorne nicht mehr auskennen, dann gibt es nur eines: Fragen Sie den Inder! Der kennt sich nämlich traditionellerweise aus mit so Sachen wie Überleben mit einer Schale Reis...
Ausserdem kennt er sich aus mit herumstreunden Kühen. Was nämlich soll man erst mit den ganzen Kühen tun, wenn sie laut EU nicht mehr auf die Alm dürfen, um bessere Milch und besseres Fleisch abzugeben, weil das in Zukunft zu teuer ist?
Wenn der Inder aber auch nicht mehr weiter weiss? Ja dann gib es eigentlich nur mehr eine Lösung: Essen sie gar nichts mehr und wenden sie sich ausschliesslich der Kultur zu: Kultur ist ja bekanntlich auch ein Lebensmittel...
Ulli Mair