Subkultur als progressive Strategie der Hochkultur? - Eine Vision

So klar die Forderungen der p.m.k nach einer eigenen Basisstation mit Veranstaltungsraum und geeigneter technischer und organisatorischer Infrastruktur von Anfang an waren, so hartnäckig scheinen sich auf Seiten der politisch Verantwortlichen jene Vorurteile zu halten, denen sich Subkultur wahrscheinlich generell gegenüber sieht.
Subkultur braucht keinen eigenen Ort. Subkultur findet irgendwo punktuell, mobil statt, sie sucht sich Nischen. Subkultur braucht kein Geld, sie braucht keine Infrastrukturen und vor allem sie braucht keine Jobs.
Demgegenüber steht die Realität. Seit der Eröffnung am 22. Juli haben in der p.m.k bereits 115! Veranstaltungen aus den verschiedensten kulturellen Bereichen stattgefunden. Die mittlerweile seit der Eröffnung über 60 erschienen Presseartikel bescheinigen der Arbeit der p.m.k durchwegs hohes Niveau. Und was wohl das Wichtigste ist: Das Publikum nimmt das Angebot der p.m.k an.
Die p.m.k ist inzwischen zu einem kleinen Unternehmen angewachsen und um dieses Monsterprogramm zu bewältigen arbeiten unzählige ehrenamtliche Mitarbeiter nahezu rund um die Uhr.
Was eine der Hauptforderungen der p.m.k nach der Finanzierung von Dienstleitungen angeht befindet sich die Argumentation der öffentlichen Subventionsgeber nach wie vor im blinden Fleck.
Die p.m.k ist dem Konzept nach in erster Linie Dienstleister für die vielen Mitgliedsvereine, die diese in vielen Bereichen vor allem technisch und organisatorisch unterstützt. Und zumindest jene Dienstleistungen, die die Rahmenbedingungen für ein reibungsfreies Arbeiten gewährleisten, müssen aus der Abhängigkeit der Ehrenamtlichkeit herausgenommen werden um das Unternehmen p.m.k langfristig zu sichern.
Jeder weiss, dass die Tempel der Hochkultur wie Konzert- und Opernhäuserhäuser, Theater oder Museen zu den grossen Arbeitgebern in einer Region gehören. Hier kommt niemand auf die Idee dass diese kulturellen Leistungen für die Öffentlichkeit selbstverständlich ehrenamtlich erbracht werden.
In diesem Zusammenhang liegt es nahe, einmal die undifferenzierte Unterscheidung Hochkultur und Subkultur zu hinterfragen, die solchen Haltungen zugrunde liegt.
Wer definiert das, was sind die Parameter? Hochkultur hat Geld, Subkultur hat kein Geld. Das ist vordergründig eine Tatsache. Natürlich spielen Qualitätskriterien und Qualitätsparameter eine Rolle. In Wahrheit geht es aber um die Unterscheidung zwischen produktiver und reproduktiver Kultur, letztlich also um ein klares Bekenntnis zu zeitgenössisch oder rückbezüglich.
Im Grunde bearbeitet Hochkultur einen gesicherten Kulturbegriff rückbezüglich, wo die Werte durch die Geschichte, zumindest aber durch den Markt oder die Medien gesichert sind. Da geht viel Geld hinein im Verhältnis, da hat man kein besonderes Risiko.
Die Unterscheidung Hochkultur Subkultur stimmt dann nicht mehr, wenn man sich politisch entscheidet und mehr auf Innovation setzt, denn was dann der „Output“ ist, ist praktisch die Hochkultur von morgen. Natürlich wird es Ausschussprodukte geben, aber wenn man diesen politischen Mut aufbringt, dann gibt es plötzlich Häuser für Produktion, Innovation, Labors, Produktionsstätten. Irgendwann war ja das rückbezüglich auch einmal unabgesichert auf der Höhe seiner Zeit.
Wenn man politisch nur auf Hochkultur setzt, sagt man in Wahrheit: ich arbeite nur abgesichert und rückbezüglich. Damit sage ich in Wirklichkeit: ich verzichte auf Kunst und Kultur. Ich verzichte auf Kunstproduktion auf der Höhe der Zeit hier und jetzt, auf Kunst die sich mit den derzeitigen gesellschaftlichen Prozessen, mit den Problemen unserer Zeit, mit der Politik und mit allem wie es Künstler eben immer getan haben, auseinandersetzt. Das ist es ja, was Kunst tut. Wenn ich dem keinen Raum gebe, keine Infrastruktur, keine Möglichkeit dann verhindere ich Kunstproduktion in meiner Zeit. Und dann habe ich auch in 200 Jahren keine Hochkultur mehr die sich mit der Rückschau beschäftigen kann, wenn man so will.
Subkultur könnte genauso gut als progressive Strategie der Hochkultur gesehen werden. Zumindest ein lohnendes Gedankenexperiment. Ich stelle mir gerne vor, wenn man beispielsweise die progressive Arbeit Mozarts zu seiner Zeit nicht gefördert hätte. Da wäre die Hochkultur von heute arm dran.

Ulli Mair