Am Beginn jedes Jahres müssen die Subventionsansuchen an die jeweilgen Subventionsgeber neu gestellt werden.Verhandlungen stehen an, die jedes Mal aufs Neue die Existenz aller Kultureinrichtungen betreffen, meistens ist von Kürzungen die Rede. Spätestens zu diesem Zeitpunkt stellt sich wieder einmal mehr die grundsätzliche Frage nach dem gesellschaftlichen Stellenwert von Kunst und Kultur, und in unserem Fall nach dem gesellschaftlichen Stellenwert von Subkultur.
Ich möchte dazu ein Statement zitieren, das Dr. Jean-Pierre Hoby, der damalige Chef der Kulturpflege der Stadt Zürich im Rahmen eines Referates bei den St. Galler Kulturmanagement Tagen 1996 abgegeben hat. Wenngleich dieses Statement beinahe zehn Jahre alt ist, so hat es nichts von seiner Gültigkeit eingebüsst. Im Gegenteil: für die derzeitige Situation in Innsbruck scheint es mir aktueller denn je. Einerseits ist der Prozess, wo die letzten urbanen Nischen geschliffen werden und alte Brauereien, Kinos und Fabriken modernen Investorenprojekten weichen müssen in Innsbruck derzeit in vollem Gange. Zum anderen ist durch Schlagwörter wie Kulturhauptstadt oder Kulturoffensive die Kultur zumindest vordergründig in aller Munde. Diese Umstände haben die Innsbrucker freien Kulturschaffenden zum Anlasss genommen, sich zu vernetzen und einen Nachdenkprozess in Gang zu bringen, der die Wichtigkeit und Relevanz von Kultur als gesellschaftliches Gut wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken soll.
In diesem Sinne könnte nachfolgendes Zitat als Denkanstoss von aussen für einen konstruktiven und produktiven Bewusstseinsprozess, der in Innsbruck gerade beginnt, gelesen werden.
Ist die Kultur noch zu zahlen? Auszug aus einem Referat von Dr. phil. I.lic.jur. Jean-Pierre Hoby Chef der Kulturpflege, Präsidentalabteilung der Stadt Zürich anlässlich der St. Galler KulturManagement Tage 1996
“...um so wichtiger ist, dass die städtische Kulturpolitik jene Bereiche nicht vergisst, deren Nützlichkeit für die Integration der Gesellschaft sie so gerne herausstreicht. Ansonsten lauert die Gefahr, dass sich das kulturelle Angebot mehr und mehr auf Prestige - Produktionen reduziert. Eine Kulturszene, die nur mehr aus privat finanzierten Popkonzerten, Musicals und Party - Veranstaltungen sowie aus öffentlich subventionierten Grossereignissen mit klingenden, internationalen Namen auf der Bühne besteht, erfüllt die - auch allgemein akzeptierten – Ziele der Kulturpolitik im wörtlichen Sinne nur halbwegs.
In der Durchsetzung des “sowohl als auch”, im Ausgleich zwischen tradierten und experimentellen, innovativen Kulturformen ist die Stadt gefordert.
Denn immer wichtiger wird neben der gezielten Förderung von Einzelpersonen und Gruppen auch die Verbesserung der Infrastrukturen, Produktions- und Arbeitsbedingungen für das freie, zeitgenössische Kunst- und Kulturschaffen, weil mit der Überbauung vormals gewerblich oder industriell genutzter Sanierungsgebiete ein grosser Teil jener Nischen verschwindet, in denen Kultur sich bisher halten konnte.
Die Stadt muss deshalb Finanzen, Räume und Freiheiten sichern. Dies gilt in besonderem Masse für all die kleinen, unscheinbaren, aber doch so wertvollen Projekte, die ebenso zur urbanen Lebensqualität beitragen, wie die grossen Kulturinstitute. Hier darf die Stadt nicht fragen, ob die Kultur noch zu bezahlen ist. Hier ist das städtische Engagement für eine gedeihliche Zukunft unabdingbar.
Lassen Sie mich mit einem Zitat von Ludwig Hohl schliessen, das ich als Antwort auf den Titel meines Referates verstehen möchte:
“In der Geschichte, der grossen wie der kleinen, hat sich oft gezeigt, wie die übertriebene Sparsamkeit zu grossen Verlusten verurteilt.”